Freitag, 21. Juni 2013




Nachlese 7. Juni 2013                                                              Christian Brehmer
Indische Philosophie

Es war eine echt sommerliche Runde auf dem Balkon der Naturheilpraxis, passend zu den Temperaturen Indiens. Mit dem Thema „Indische Philosophie“ hatten wir uns auf einen Kontrast zur Politphilosophie von Hannah Arendt geeinigt. Hier die zeitlose Weisheit Indiens, dort das Nachdenken über gesellschaftliches Zusammenleben. Letzteres könnte durchaus von ersterem profitieren. Denn was nützt alles Reflektieren, wenn es nicht von einer naturgegeben Quelle höherer Intelligenz inspiriert wird. Und genau das ist die Verheißung indischer Philosophie – siehe nachfolgendes Skript zum Impulsreferat von Peter Bayreuther.
   Die indische Philosophie ist in den Veden niedergelegt. Diese Bücher sind nach traditioneller Auffassung nicht von Menschen verfasst, sondern wurden von einer höheren Intelligenz den „Rishis“, den Sehern, offenbart. Uns begegnet hier ein „absolutes Wissen“, mitunter verschlüsselt formuliert und nur einem höheren Bewusstsein zugänglich. Die Quintessenz der Veden ist jedoch leicht verständlich in der Bhagavad Gita, dem „Gesang Gottes“ übermittelt. Wilhelm von Humboldt bezeichnete sie, um es zu wiederholen, „als das schönste, ja vielleicht das einzige wahrhaft philosophische Gedicht der Weltliteratur.“  
    Und die Bhagavad Gita war das Thema unseres Referenten. Sein Skript ist eine Auswahl einiger zentraler Aussagen. Kein Wunder, dass es zu Diskussionen innerhalb unserer Gruppe kam. Grundstufliches Wissen, gewonnen durch Naturwissenschaft und Reflexion,  reibt sich an metastuflich offenbartem Wissen. Letzteres bleibt uns verschlossen, solange wir nicht bereit sind uns der Sophia zu öffnen. Einen Versuch machen wir jeweils zu Beginn unserer Runde mit der Stilleübung. Denn wir verstehen uns ja als Philosophen, als Freunde der Sophia. Dem integralen Philosophen ist beides ist wichtig, Reflexion und Intuition.


 
Impulsreferat Yogaphilosophie  7. Juni 2013                           Peter Bayreuther

Yoga bedeutet Einheit mit der Seele und Gott: es wird in der vedischen Philosphie davon ausgegangen, dass es eine höhere Intelligenz  des Herzens gibt, die über dem weltlichen Intellekt und den Gedanken, dem äußeren Ich (Ego) und den Sinneswerkzeugen steht. Es geht also darum, mit dieser höheren Intelligenz eins zu werden und so unser Leben zum Guten und zur Selbstverwirklichung zu steuern. (Befreiung aus dem Kreislauf von Geburt, Krankheit, Alter und Tod).

Die Bhagavad Gita

Der „Göttliche Gesang“ ist das zentrale Werk der Yogatraditon und der vedischen  Philosphie.
Es ist ein Gespräch zwischen Gott (Krishna) und Mensch (Arjuna), welches etwa vor 5000 Jahren stattgefunden hat vor der Schlacht von Kurukshetra verfasst von dem Weisen Vyasa.
Die Themen sind:
Wer bin ich? (aham brahmasmi: ich bin die Seele),
Hatha-Yoga (Atemübungen und Körperhaltungen),
Karma-Yoga (Handeln mit guter Absicht),
Jnana-Yoga (Philosophisches Forschen),
Bhakti-Yoga (Liebe zu Gott).

Die drei Gunas  (Eigenschaften der materiellen Natur)
Tamas     Dunkelheit, Unwissenheit
Rajas       Leidenschaft
Sattwa      Güte, Reinheit

Die drei Seinsweisen Gottes:
Brahman:  allgemeine alles durchdringende göttliche Energie
Paramatman. Die höchste Seele im Herzen eines jeden Lebewesens
Bhagavan:  Gott als höchste Persönlichkeit

2 Verse aus der Bhagavad Gita vom Anfang und Ende:
1.46
evam uktvarjunah sankhye rathopastha upavisat
visriya sa-saram capam soka-samvigna-manasah
Nachdem Arjuna auf dem Schlachtfeld diese Worte gesprochen hatte
warf er seinen Bogen und seine Pfeile auf den Boden und setzte sich, von Schmerz überwältigt, auf dem Streitwagen hin.
18.65
man-mana bhava mad-bhakto mad-yaji mam namaskuru
mam evaisyasi satyam te  pratijane priyo `si me
Denke immer an Mich, werde Mein Geweihter, verehre Mich
und bringe mir deine Ehrerbietungen dar.
Auf diese Weise wirst du mit Sicherheit zu Mir kommen.
Ich verspreche dir dies, weil du mein inniger Freund bist

Lit.: „Bhagavad Gita Wie Sie Ist“  Kommentar und Übersetzung von  Shrila Prabhupada
„Die Yogaweisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute“ von Sukadev Bretz
„Shrimad Bhagavad Gita“  Kommentar von Swami Sivananda
 



Vorschau 2.8.2013                                                                        Christian Brehmer   
Orient und Okzident

Im Juli machen die Philosophen eine Sommerpause. Vielleicht gelingt es dem/der  einen oder anderen in die Gelassenheit eines Diogenes zu kommen. Der antike griechische Philosoph lebte selbstgenügsam und glücklich in einer Tonne. Als Alexander der Große ihn voller Bewunderung aufsuchte und ihm anbot, einen Wunsch zu erfüllen, sagte Diogenes lediglich: „Er möge mir aus der Sonne gehen.“
   Unser letztes Gespräch, ausgelöst von der Bhagavad Gita, war längst nicht zum Abschluss gekommen. Und da ist noch vieles ungeklärt, besonders hinsichtlich des unterschiedlichen Wissenszugangs von West und Ost. Da ist der reflektierende abendländische Philosoph, da ist der meditierende orientalische Pandit. Zwei Welten stehen sich gegenüber und doch gibt es nur eine Wahrheit. Und beiden ist noch eine andere Welt vorausgegangen, die Welt des Mythos.
    Wir wollen beim nächsten Mal versuchen, uns der Welt des Orients ein wenig anzunähern, so wie sie von Mahatma Gandhi vorgelebt wurde, der Verkörperung der Bhagavad Gita. Schon Goethe besingt orientalische Weisheit im  „West-östlichen Divan“:
                                                 Wer sich selbst und andere kennt,
                                                 Wird auch hier erkennen:
                                                 Orient und Okzident
                                                 Sind nicht mehr zu trennen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen