Nachlese 7. Juni 2013 Christian Brehmer
Indische Philosophie
Es war eine echt sommerliche Runde auf dem Balkon der
Naturheilpraxis, passend zu den Temperaturen Indiens. Mit dem Thema „Indische
Philosophie“ hatten wir uns auf einen Kontrast zur Politphilosophie von Hannah
Arendt geeinigt. Hier die zeitlose Weisheit Indiens, dort das Nachdenken über
gesellschaftliches Zusammenleben. Letzteres könnte durchaus von ersterem profitieren.
Denn was nützt alles Reflektieren, wenn es nicht von einer naturgegeben Quelle
höherer Intelligenz inspiriert wird. Und genau das ist die Verheißung indischer
Philosophie – siehe nachfolgendes Skript zum Impulsreferat von Peter
Bayreuther.
Die indische
Philosophie ist in den Veden niedergelegt. Diese Bücher sind nach
traditioneller Auffassung nicht von Menschen verfasst, sondern wurden von einer
höheren Intelligenz den „Rishis“, den Sehern, offenbart. Uns begegnet hier ein
„absolutes Wissen“, mitunter verschlüsselt formuliert und nur einem höheren
Bewusstsein zugänglich. Die Quintessenz der Veden ist jedoch leicht
verständlich in der Bhagavad Gita, dem „Gesang Gottes“ übermittelt. Wilhelm von
Humboldt bezeichnete sie, um es zu wiederholen, „als das schönste, ja
vielleicht das einzige wahrhaft philosophische Gedicht der Weltliteratur.“
Und die
Bhagavad Gita war das Thema unseres Referenten. Sein Skript ist eine Auswahl
einiger zentraler Aussagen. Kein Wunder, dass es zu Diskussionen innerhalb
unserer Gruppe kam. Grundstufliches Wissen, gewonnen durch Naturwissenschaft und
Reflexion, reibt sich an metastuflich offenbartem
Wissen. Letzteres bleibt uns verschlossen, solange wir nicht bereit sind uns
der Sophia zu öffnen. Einen Versuch machen wir jeweils zu Beginn unserer Runde
mit der Stilleübung. Denn wir verstehen uns ja als Philosophen, als Freunde der
Sophia. Dem integralen Philosophen ist beides ist wichtig, Reflexion und
Intuition.
Impulsreferat Yogaphilosophie
7. Juni 2013
Peter
Bayreuther
Yoga bedeutet
Einheit mit der Seele und Gott: es wird in der vedischen Philosphie davon
ausgegangen, dass es eine höhere Intelligenz
des Herzens gibt, die über dem weltlichen Intellekt und den Gedanken,
dem äußeren Ich (Ego) und den Sinneswerkzeugen steht. Es geht also darum, mit
dieser höheren Intelligenz eins zu werden und so unser Leben zum Guten und zur
Selbstverwirklichung zu steuern. (Befreiung aus dem Kreislauf von Geburt,
Krankheit, Alter und Tod).
Die Bhagavad Gita
Der „Göttliche Gesang“ ist das zentrale Werk der Yogatraditon und
der vedischen Philosphie.
Es ist ein Gespräch zwischen Gott (Krishna) und Mensch (Arjuna),
welches etwa vor 5000 Jahren stattgefunden hat vor der Schlacht von Kurukshetra
verfasst von dem Weisen Vyasa.
Die Themen sind:
Wer bin ich? (aham brahmasmi: ich bin die Seele),
Hatha-Yoga (Atemübungen und Körperhaltungen),
Karma-Yoga (Handeln mit guter Absicht),
Jnana-Yoga (Philosophisches Forschen),
Bhakti-Yoga (Liebe zu Gott).
Die drei Gunas
(Eigenschaften der materiellen Natur)
Tamas Dunkelheit,
Unwissenheit
Rajas Leidenschaft
Sattwa Güte, Reinheit
Die drei Seinsweisen Gottes:
Brahman: allgemeine alles
durchdringende göttliche Energie
Paramatman. Die höchste Seele im Herzen eines jeden Lebewesens
Bhagavan: Gott als höchste
Persönlichkeit
2 Verse aus der Bhagavad Gita vom Anfang und Ende:
1.46
evam uktvarjunah sankhye rathopastha upavisat
visriya sa-saram capam soka-samvigna-manasah
Nachdem Arjuna auf dem Schlachtfeld diese Worte gesprochen hatte
warf er seinen Bogen und seine Pfeile auf den Boden und setzte
sich, von Schmerz überwältigt, auf dem Streitwagen hin.
18.65
man-mana bhava mad-bhakto mad-yaji mam namaskuru
mam evaisyasi satyam te
pratijane priyo `si me
Denke immer an Mich, werde Mein Geweihter, verehre Mich
und bringe mir deine Ehrerbietungen dar.
Auf diese Weise wirst du mit Sicherheit zu Mir kommen.
Ich verspreche dir dies, weil du mein inniger Freund bist
Lit.: „Bhagavad Gita Wie Sie
Ist“ Kommentar und Übersetzung von Shrila Prabhupada
„Die Yogaweisheit der
Bhagavad Gita für Menschen von heute“ von Sukadev Bretz
„Shrimad Bhagavad Gita“ Kommentar von Swami Sivananda
Vorschau 2.8.2013 Christian Brehmer
Orient und Okzident
Im Juli machen die Philosophen eine Sommerpause.
Vielleicht gelingt es dem/der einen oder
anderen in die Gelassenheit eines Diogenes zu kommen. Der antike griechische
Philosoph lebte selbstgenügsam und glücklich in einer Tonne. Als Alexander der
Große ihn voller Bewunderung aufsuchte und ihm anbot, einen Wunsch zu erfüllen,
sagte Diogenes lediglich: „Er möge mir aus der Sonne gehen.“
Unser letztes
Gespräch, ausgelöst von der Bhagavad Gita, war längst nicht zum Abschluss
gekommen. Und da ist noch vieles ungeklärt, besonders hinsichtlich des
unterschiedlichen Wissenszugangs von West und Ost. Da ist der reflektierende
abendländische Philosoph, da ist der meditierende orientalische Pandit. Zwei
Welten stehen sich gegenüber und doch gibt es nur eine Wahrheit. Und beiden ist
noch eine andere Welt vorausgegangen, die Welt des Mythos.
Wir wollen
beim nächsten Mal versuchen, uns der Welt des Orients ein wenig anzunähern, so
wie sie von Mahatma Gandhi vorgelebt wurde, der Verkörperung der Bhagavad Gita.
Schon Goethe besingt orientalische Weisheit im
„West-östlichen Divan“:
Wer sich selbst und andere kennt,
Wird auch hier erkennen:
Orient und Okzident
Sind
nicht mehr zu trennen.
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