Was ist
Was ist Nachschau vom 5.7.2019: Was ist Bewusstsein?
Frank Frank Ziesing
Frank Frank Ziesing
Was ist Bewusstsein aus
naturwissenschaftlicher Sicht?
1) Was ist Naturwissenschaft?
Teilbereich der Wissenschaft, der sich mit
Erklärung der in der Natur
vorkommenden Daten befasst. Diese Erklärungen
müssen falsifizierbare
Datenvorhersagen beinhalten. Naturwissenschaft macht
keine Aussage über die letzte
Wahrheit, sondern liefert nur praktische Modelle.
Naturwissenschaftliche Beweise gibt
es nicht. In manchen Fällen benutzt man
sogar fallweise konkurrierenden
Modelle, die zwar letztendlich falsch, aber
praktisch sind.
Bei naturwissenschaftlichem Vorgehen
ist es üblich, Daten und Erklärungen zu
trennen.
2) Bewusstseinsmodelle
·
Die indische Tradition unterscheidet
es zwei Aspekte,
Bewusstseinsinhalte (citta) und
Bewusstsein-an-sich (cit). Die Bhagavad-
Gītā nennt diese auch Feld und
Feldkenner. Patañjali erklärt in den Yoga-
Sūtras (4.17-19): Wahrnehmung
entsteht, indem die psychische Substanz
(citta) reagiert und diese
Veränderungen vom veränderungslosen
Purusha erkannt werden. Dieser
Purusha (= cit) ist reine
Wahrnehmungsfähigkeit, die
psychische Substanz selbst ist bewusstlos.
·
Die westliche Tradition
unterscheidet nach Descartes die Außenwelt, res
extensa, und die Innenwelt, res
cogitans, ohne weitere Unterteilungen.
Dies führt zur Frage, wie Leib und
Seele zusammenhängen. Die
Hirnforschung zeigt, dass Reizungen
am Gehirn seelische Vorgänge
hervorrufen. Daher die Auffassung,
dass die res extensa die wirkliche
Grundlage ist und die res cogitans
ein bloßes Epiphänomen von
materiellen Vorgängen im Gehirn.
3) Datenlage
·
Bewusstsein ist kein Objekt der Wahrnehmung, sondern inneres
Wissen. Ich weiß direkt, dass ich
existiere. Ich kann alles anzweifeln, nur
nicht, dass ich es bin, der
zweifelt. Ich nehme die Welt war, meinen
Körper, Gedanken und Gefühle. Nur
Bewusstsein nehme ich nicht wahr,
das ist etwas was ich unmittelbar
weiß. Bewusstsein ist der
Wahrnemende, nicht das
Wahrgenommene.
·
Da ich mein eigenes Bewusstsein
nicht wahrnehmen kann, kann ich
auch nicht das Bewusstsein anderer
wahrnehmen. Vom
Bewusstsein anderer zu sprechen ist
eine Schlussfolgerung, gehört also
nicht zu den anfallenden Daten.
·
Bewusstseinserfahrung istimmer hier und jetzt. Egal woher ich gerade
komme oder wohin ich gehe, meine
Bewusstseinserfahrung ist immer
„hier“, nie „dort“, immer „jetzt“,
nie „dann“. Irgendwo hinzugehen oder
herzukommen ist eine
Schlussfolgerung.
·
Bewusstsein ist nicht lokalisierbar in der dreidimensionalen Welt.
·
Bewusstsein ist immer im Singular: Ich bin der einzigartige Zeuge der
Bewusstseinsinhalte, neben dem kein
zweiter Zeuge wahrnehmbar ist.
·
Bewusstseinserfahrung ist lücken- und unterbrechungslos im Hier und Jetzt.
4) Weltmodelle
·
Dvaita
(Dualismus, Getrenntheit):
Materialismus und traditionelle
Religionen. Wir sind alle
voneinander getrennte Wesen.
·
Viśishtādvaita
(Einheit mit Unterschieden,
Verbundenheit) Psi-Forscher
und fortschrittliche Religionen. Bei
aller Verschiedenheit gibt es doch eine
Verbindung zwischen jedem und allem.
·
Advaita
(Nichtdualismus) Verschiedenheit ist
illusorisch, es gibt nur ein
einziges reines Bewusstsein. Das
bist du, — nicht die Persönlichkeit, die
du glaubst zu sein.
Das Referat unterscheidet grundsätzlich die westliche,
naturwissenschaftliche Auffassung von fernöstlichen, indischen
"Weltmodellen". Wissenschaftliche Erkenntnisse werden induktiv gewonnen
und müssen falsifizierbar bleiben, nach K. Popper. Die moderne westliche
Wissenschaft beginnt mit Descartes und seinem "methodischen Zweifel".
Sein "cogito, ergo sum" (Ich denke, also bin ich) ist axiomatisch, also
nicht zu bezweifeln. Sein kruder Dualismus von "res extensa" und "res
cogitans" (Leib u. Seele) dagegen ist nicht mehr haltbar. Nur dem
Menschen gesteht er eine Seele zu, während Tiere für ihn seelenlose
Maschinen sind. Tierpsychologie u. Verhaltensforschung wissen heute,
dass auch Tiere - graduell verschieden - über Bewusstsein und
Intelligenz verfügen. - Was also ist Bewusstsein? Es ist unsere erlebte
Innenansicht, unsere Wahrnehmung von Sinneseindrücken und aus dem
Unbewussten aufsteigender Gefühle, Erinnerungen, Assoziationen,
Projektionen, Antrieben etc. Der Referent spricht von Reaktionen
unserer "psychischen Substanz", ein problematischer Begriff, wie mir
scheint. Das reine Bewusstsein an sich gegenüber den
Bewusstseinsinhalten sei uns unbewusst. Dem kann man zustimmen. Kritisch
klingt seine Aussage, die "res cogitans" sei wissensachaftlich gesehen
"ein bloßes Epiphänomen von materiellen Vorgängen im Gehirn". Dass
geistig-seelische Vorgänge immer an Materie gekoppelt sind, also primär
elektro-chemischen Prozessen entsprechen, scheint mir dagegen
einleuchtend. Letztlich wird uns die Beziehung der beiden Aspekte
möglicherweise immer verschlossen bleiben. Die wissenschaftliche
Entwicklung scheint mir aber insgesamt in Richtung einer ganzheitlichen
Betrachtung zu verlaufen, wie z.B. die psycho-somatische Medizin
beweist. Die vom Referenten skizzierten verschiedenen "Weltmodelle"
folgen doch auch dieser Tendenz. -
Die Aussage, dass "Bewusstseinserfahrung lücken- und unterbrechungslos
im Hier und Jetzt" geschieht, entspricht wohl dem, was die Literatur
als "Bewusstseinsstrom" entdeckt hat (s. James Joyce, Ulysses).
Noch eine kritische Anmerkung: Wie schon bei anderen Referaten fehlt
auch hier wieder ein Bezug zur Bedeutung des Vor- und Unbewussten,
dessen Gewicht doch gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, mit
all seiner Subjektivität, Zufälligkeit, Selektivität,
Unkontrollierbarkeit, Triebsteuerung, etc. ! - Kritisch zu sehen ist
auch die deutlich skeptische Haltung gegenüber der Naturwissenschaft.
Der Hinweis auf subatomare , nicht mehr als kausal zu beschreibende
Vorgänge, die Auflösung der Materie in bloße Energie und Information,
letztlich die Unerklärbarkeit der zur Diskussion stehenden Phänomene
erwiesen sich als wenig fruchtbar. sts
Protokollnotizen: Was ist
Bewusstsein? Christian Brehmer + Klaus Burghardt
Zunächst ging es um die Frage, ob Descartes falsch gelegen (und die westliche Wissenschaft auf eine falsche
Fährte
geführt!) habe: Durch das Vermischen von Theorie und Daten sei er in einen
Zirkel geraten. Es sollte
heißen
"Ich bin, also denke ich", nicht umgekehrt. Diese These wurden
angezweifelt, allerdings nicht weiter
vertieft.
Welche Rolle
spielt die in der Vorschau angesprochene W i s s e n s c h a f t ?
Die
Hirnforschung kann aufzeigen, dass Bewusstseinsprozesse und mentale Zustände
mit komplexen
neurobiologischen
Abläufen einhergehen. „Das Bewusstsein“ kann sie - zumindest bisher - nicht
erklären.
Ob das
jemals möglich sein wird? Vermutlich eher nicht. Überhaupt: Die Wissenschaft
kann auch zu einer
Falle
werden. Sie bringt wichtige Ergebnisse. Es fehlt aber die Ethik, die Liebe. Das
hat zu einer
verhängnisvollen
Entwicklung geführt: Jeden Tag verhungern etwa 24.000 Menschen.
Für manche
Probleme ist die Wissenschaft das falsche Instrument. Mit Physik und Chemie
kann man nicht
alles lösen.
Es gibt auch noch Religion, Philosophie, ... Geistige Bewegungen können
Änderungen
herbeiführen: siehe die Schülerstreiks. Physik kann erklären, dass sich die Erde erwärmt. Ob
wir etwas
dagegen tun,
ist eine Frage der Ethik. Wenn ich weiter mein Auto fahre, ändert sich nichts.
Der Mensch ist
das Problem.
Erkenntnisse
müssen mit einem Weltbild harmonieren. Es gibt verschiedene Denkansätze, z.B.
die
Quantenphysik.
Eine Theorie, zu der alle bisherigen Erkenntnisse passen, sei die von Burkhard
Heim,
betonte ein
Teilnehmer.
Bei
Bewusstsein geht es auch um das Verhältnis von Materiellem und Immateriellem.
Die Frage, wie
M a t e r i
e, Energie und Information zusammenhängen, wurde angesprochen. Was ist das
Primäre? Besteht
alles
letztlich gar zunächst aus Bewusstseinsinhalten, die sich dann materialisieren?
“Wären das die
platonischen
Ideen?"
Sogar auf
die Leninsche Materiedefinition wurde hingewiesen: Demnach sei Materie alles,
was unabhängig
vom
Bewusstsein existiere. Die F o r m der Materie spiele dabei keine Rolle.
„Inneratomare
Vorgänge“ im Körper, Elementarteilchen etc. interessieren nicht jeden.
Andererseits hat sich
die
Philosophie immer schon auch mit diesen Dingen beschäftigt - Beispiel:
Demokrits Atome. Und heute
gibt es
Ansätze, die das Bewusstsein mit Hilfe der Quantentheorie zu erklären
versuchen.
Andererseits:
„Gottes Schöpfung ist so komplex, dass wir sie nicht vollständig durchdringen
können. Es gibt
Gebiete, die
wir nicht verstehen.“
„Bewusstsein
ist L i e b e“ lautete eine weitere These. Liebe kann man nicht erklären. Jeder
Mensch hat die
Fähigkeit,
sich mit anderen zu verbinden. Lieben kann jeder - unabhängig von Glaube und
Einstellungen.
Aber: „Es
gibt auch pervertierte Bewusstseinsinhalte wie Hass: Denken wir an Attentäter
oder Mörder.“
Kann man
auch aus Liebe morden?
Bewusstsein
an sich ist Liebe.
Einstein:
„Die wichtigste Erkenntnis meines Lebens ist die, dass wir in einem liebenden
Universum leben.“
Alles
scheint so organisiert zu sein, dass es eine harmonische Ganzheit ergibt.
Andererseits: Dass sich die
Gesellschaft
vorrangig an Wohlstand und Spaß/Konsum orientiert, hat uns an die Grenze
unserer Umwelt
geführt.
Noch einmal: Der Mensch ist das Problem.
„Liebe ist
persönlich, Energie ist nicht persönlich.“
Und wie war
das noch mal mit dem f r e i e n W i l l e n? Weil Gott Bewußtsein und Willen
hat, haben auch
wir Menschen
Bewußtsein und einen freien Willen. Gegenthese: Die Willensfreiheit steht in
Frage. „Der
Mensch ist
das einzige Wesen, das sich selbst etwas vormachen kann.“
Vorschau 6.9.2019: Religiöses Leben in
Südindien - Ein Reisebericht Horst Schürmann
Grundlage
des Abends ist Heikes und mein Besuch in den Ashrams
Muddenahalli
(Sai Baba im Energiekörper;https://saivrinda.org/)
Puttaparthi
(Sai Baba im Formkörper; http://www.sathyasai.org/) und
Tiruvannamalai (Ramana Maharshi;https://vedanta-yoga.de/sri-ramana-
maharshi-der-grosse-advaita-guru-sein-leben-und-werk/). Auf
den
angegebenen Internet Seiten findet ihr Informationen zu Leben und
Werk des
Avatars Sai Baba und des Meisters Ramana Maharshi.
Zunächst
wird es in dem Eingangsreferat um eine allgemeine Darstellung
meiner
Eindrücke der Reise(n) gehen.
Gesprächsgrundlage
des Abends ist zum einen, die zentrale Frage, die sich
Ramana
Maharshi stellte:
Wer bin ich?
Ich bin
nicht der Körper, da dieser vergänglich
ist. Anders gefragt: Was ist nicht der Veränderung unterworfen,
ewig? Zum anderen, ein
Zitat von Sai Baba:
"Es gibt nur
eine Sprache, die Sprache des Herzens.
Es gibt nur eine Kaste,
die Kaste der Menschheit. Es gibt nur eine
Religion, die Religion der Liebe.
Es gibt nur einen Gott, er ist
allgegenwärtig."
In
Fortführung der Philosophenrunde vom 05.07.2019 schwingt natürlich
auch hier
die menschliche Bewußtseinsentwicklung von Identifikation mit
Form,
Emotion, etc. über die „Erfahrung“ Gott i s t (dwaita: Getrenntheit);
Gott ist in
mir („quasi Adwaita“: Verbunden-heit); bis hin zu Gott und Ich
sind eins
(Adwaita: Einheit) mit.