Sonntag, 17. Oktober 2021

 

 

Nachschau 1.10.21

 Kurzfassung des Impulsreferats zum Thema Zeitenwende          Waltram Landman


Seit ca. einem halben Jhd. ist in allen Lebensbereichen der abendländisch geprägten Kultur das Interesse an hintergründigen inneren Erfahrungsdimensionen einer augenfälligen Wirklichkeit entbrannt, was sich in ontologisch spirituell ausgerichteten Kreisen u.a. in den Bestsellern „Die sanfte Verschwörung“ von Marylin Ferguson und „Die Wendezeit“ von Fritjof Capra spiegelte.

Wahrheit kann nicht absolut sein, sie muss vielmehr immer wieder neu in uns geboren werden
nach Maßgabe einer harmonischen Übereinstimmung mit allem, was in der jeweiligen Gegenwart ist. Dies geschieht jedoch nicht in kontemplativer Suche innerer Selbstbildnisse, sondern im Gewahrsein dessen, was wir in der uns zugrundeliegenden Identität sind.

Introspektionsweisen wie Meditation, Invokationen, Gebet u.div. Rituale zielen auf diese innere Stimmigkeit ab, Harmonie mit sich selber und dem, was ist, mit anderen Worten der Sophia oder dem Logos. Dieser auf die Schliche zu kommen und ihr Wesen aufzuspüren, ist ja das zentrale Anliegen der Philo-Runde.
Wenn so z.B. beim Yoga die Annäherung an diese Stimmigkeit als innerer Frieden erlebbar wird, sollte sich eine Sensibilisierung für Stimmigkeiten mehr und mehr einstellen, was auch mit sich bringt, Unstimmigkeiten zu erkennen und Betrug und Lügen aufzudecken, ohne sich aber darin zu verlieren.
Wir sind nun zeitgeschichtlich an einem Punkt angelangt, wo bereits ohne tiefschürfendes Bemühen um Aufdeckung von dem, was stimmig und unstimmig ist, Wahrheit und Unwahrheit i.d.S. offen zutage tritt. In einem Statement zur aktuellen, ganz von der C.-Pandemie bestimmten Weltlage bringt der Mathematiker Dr.W.Meixner (von der TU München) dies auf den Punkt, wenn er seinen Beitrag mit den Worten „Wenn die Lüge sichtbar wird, siegt die Wahrheit.“ eröffnet.

Wie sehr die psychologisch wirkenden Machenschaften in den Erkenntnisweg für das, was wahr und unwahr ist, hineingreifen, sollte an einem Beobachtungsexperiment praktisch erfahrbar gemacht werden.
Ein auf dem Tisch stehender Ggst. erscheint für einen Anwesenden über dem Tisch zu schweben. Alle anderen versuchen nun, ihm klar zu machen, dass er einer Täuschung unterliegt. Unter Aufbringung aller möglichen Erklärungen der anderen lässt er schließlich von seiner Sicht ab und schließt sich der Ansicht der anderen an.
Auch in umgekehrter Weise, wenn alle anderen den besagten Ggst. über dem Tisch schwebend sehen, und nur einer ihn in feststehender Berührung mit der Tischplatte sieht, kann die Überzeugung der anderen den einen so irritieren, dass er sich der Sichtweise der Majorität anschließt und seine
eigene ursprüngliche Ansicht verwirft.
Die sich darin zeigende Suggestivkraft findet sich u.a. in der Erzählung „Andorra“ von Max Frisch,
in der ein Neuling in einem Dorf sich der Meinung der Dorfbewohner anschließt, indem er deren Einschätzung, er sei ein Jude, schließlich selber glaubt.
Das Hauptwerk des Psychologen Gustave LeBon „Die Psychologie der Massen“ (hrsg. vor ca. 100 J.) hat diese Beeinflussungskraft der Massen auf das Selbstverständnis des Individuums zum Ggst..

Die aktuell auffällig gleich geschaltete Medienlandschaft mit ihrer Berichterstattung zur C.-Pandemie wirkt beispielhaft in gleicher Weise, indem sie insbes. durch Schürung von Ängsten selbst auf kritisch geschulte Mitmenschen meinungsmachend wirkt und sie so ins Schlepp nimmt.
Je mehr diese allzu offensichtliche Fremdbestimmung zunimmt, desto mehr ist die Philosophie
mit ihrem tiefendimensionalen Anspruch zur Selbsterkenntnis gefordert.
Die Erfahrung, was zu mir gehört und was nicht, was stimmig im oben angesprochenen Sinne ist und was nicht, ist damit die Herausforderung in einer immer mehr fremdbestimmten Welt.
Authentisch werden und sich nicht anlehnen an gegebene Vorgaben und Gewohnheitsmuster entspricht m.E. der Herausforderung der Zeit und markiert damit die alles entscheidende Schlussphase der aktuellen Zeitenwende. Eine alle Lebensbereiche erfassende digitale Programmierung ruft nach einer mentalen wie emotionalen Souveränität, die sich dem Sog der Gleichschaltung und Fremdbestimmung zu entziehen imstande ist durch Ausrichtung auf die uns mit allen und allem verbindende Mitte. Wir erleben unsere Mitte, wenn wir mental stille werden, bar jedweder Gedanken, z.B. in der Meditation. Gedanken und Konzepte sind immer begrenzt und können nicht unsere Mitte sein.

 

Vorschau 5.11.21 Umbrüche in der Menschheitsgeschichte  Jürgen Staas

Sehr informativ zu geistesgeschichtlichen  Umbrüchen in der gesamten
Menschheitsgeschichte ist die Schrift "Eine kurze Geschichte des Mythos"
der Oxforder Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong.  Es geht dabei
im wesentlichen um den Antagonismus von Logos und Mythos, aber auch um
ganz allgemeine, konkrete Entwicklungsphasen im Sinne von Evolution und
Zivilisationsgeschichte, von der Menschwerdung über die Frühgeschichte
bis hin zur Moderne.  Einen breiten Raum nimmt dabei im doppelten Sinne
die von Karl Jaspers so bezeichnete "Achsenzeit"   (800 - 200 v. Chr.)
ein.  Der bildhafte Ausdruck suggeriert einen wichtigen Dreh- und
Angelpunkt  wesentlicher Umbrüche der Geistesgeschichte sowohl im
mediterranen wie im fernöstlichen Raum.     sts
 
Das am 1.10. angerissene Gespräch um eine Zeitenwende in der Gegenwart
soll fortgesetzt und vertieft werden. Beiträge willkommen!   Chris