Mittwoch, 20. September 2017


Nachschau 01.09.17: Armin Risi - "Der radikale Mittelweg"
                                                                                                              Jessica Schwark
Wir trafen wir uns wieder in der Praxis von Martina Arlt.
Peter Bayreuther, Musiker und Yogalehrer, referierte über das Buch: „ Der radikale
Mittelweg“ von Armin Risi.
In 13 Thesen definiert Risi darin das sogenannte „ theistische Bewusstsein“ als Weg zu
einem sorgenfreien Dasein für den Einzelnen und Weg zum Frieden zwischen den
Menschen.
Risi selbst lebte als junger Mann 18 Jahre in indischen Klöstern und studierte dort die
alten Schriften.
Sein Gottesbild ist das absolute Bewusstsein. Es ist direkt erfahrbar und hat einen eigenen
Willen: Einheit und Liebe.
Materie wird als Manifestation göttlicher Energie betrachtet, statt Evolution herrscht
Involution.
Der Mensch als ewiges Wesen, nicht teilbar mit Gott verbunden, hat die absolute
Verantwortung für sein Leben und sein Handeln, da er freien Willen besitzt.
Der freie Wille ist ebenfalls die Ursache des Bösen in der Welt.
Gott greift hier nicht ein, es ist der Mensch, der zu Bewusstsein für Gut und Böse kommen
muss.
Risi spricht in seinen Werken von „spiritueller Wissenschaft“, die im Gegensatz zur
Naturwissenschaft steht.
Peter hat für uns ein komplexes Buch, das in seiner Essenz die großen Fragen der
Menschheit nach Gott, dem Leben, dem Tod, sowie nach Gut und Böse umfasst, kompakt
und verständlich dargestellt.
Dafür an dieser Stelle nochmal vielen Dank!
Die anschließende Reflexion zeigte wieder einmal die angenehme Vielfalt der Sichtweisen
und Charaktere in unserer Runde.

Vorschau 6.10. 2017: Die Reformation, theologisch und kultur-geschichtlich                                                        Jürgen Staas
Bezug u.a.:  „Die Deutsche Protestantische  Republik“   (Der Spiegel)

Theologisch begründet ist die Reformation mit der sog. „Rechtfertigungslehre“, die Luther nach Augustinus („Erbsünde“)  von Paulus (sola fide, sola gratia, sola scriptura)  ableitet. Anlass ist der skandalöse Ablasshandel.  Der Mensch kann sich nicht selbst durch gute Werke erlösen. Er bedarf der Gnade Gottes  und des Glaubens an die Erlösungstat  Christi.

Der evangelische Glaube als Gewissensreligion fußt auf Überzeugung und Gesinnung in direkter Verantwortung vor Gott.  Es gibt keine Zweistufenethik von Priestern und Laien.  Das bewirkt eine Entklerikalisierung und Aufwertung des Berufes als Berufung. Beruf als Gottesdienst mit entsprechendem Berufsethos. Das ist anstrengend und führt leicht zu Prinzipienreiterei und Selbstgerechtigkeit, Genussunfähigkeit, schlechtem Gewissen,  heute etwa auch zu „grüner“ Gesinnung.

Das „typisch Deutsche“ ist vielfach protestantisch geprägt und enthält puritanische Elemente  wie Fleiß, Pflichtbewusstsein, Sparsamkeit, Rationalität, Affektkontrolle. Tugenden steht Zwanghaftigkeit gegenüber.  (cf. Max Weber, Die Protestantische Ethik)

Glaube verbindet sich mit Bildung. Lesefähigkeit, eigene Meinungsbildung, Mündigkeit, Kritikfähigkeit, Volksbildung sind wichtige Ziele. Bildung und Sinn sind wichtiger als Unterhaltung. Deutschland hat den größten Buchmarkt. Typisch auch die deutsche Unterscheidung von U- u. E-Musik.  Die protestantischen Kirchen sind mehr oder weniger demokratisch und weniger hierarchisch verfasst.

Die Ehe ist die natürliche gottgewollte Ordnung, nicht Zölibat und Mönchswesen. Luthers Ehe und Familie sind das Modell des evangelischen Pfarrhauses, das viele große Geister der deutschen Kulturgeschichte hervorgebracht hat  (s. Christine Eichel, Das evangelische Pfarrhaus).  Musik, Kunst, Pädagogik sind bedeutende Elemente. Lutheraner sind keine Bilderstürmer.  Aber der Sinn der Kunst ist wesentlicher als der Unterhaltungswert.

                                                                                                     

1 Kommentar:

  1. BEITRAG VON JÜRGEN STAAS:


    Kritischer Rückblick auf Phil-Runde vom 1.Sept.'17

    Bezug: Vortrag über Armin Risi, „Der radikale Mittelweg“

    Armin Risi ist 1962 in Luzern geboren. Er verlässt vor dem Abitur die Schule. Er nimmt an Schachmeisterschaften teil. Seine Intelligenz ist unbestritten. Er verbringt 18 Jahre in indischen bzw. vedischen Klöstern und beschäftigt sich mit Sanskrit. Auch altägyptische Forschungen interessieren ihn. Ein Hang zum Spekulativen zwingt ihn, seine „Erkenntnisse“ z.T. zurückzunehmen.
    Risi hat offensichtlich einen starken Hang zu Grenzwissenschaften. Entsprechend sind seine „Erkentnisse“ und Theorien stark grenzwertig. Seine zahlreichen Veröffentlichungen erscheinen in esoterischen Verlagen. Er beschäftigt sich mit Ufos, Verschwörungstheorien, Mythologie. Er kritisiert den Darwinismus und hält ihm die von ihm erfundene Theorie der „Involution“ entgegen. Der Geist des Menschen entstammt nach seiner Theorie prähistorischen Lichtgestalten anderer Galaxien. Der Münchner Merkur bescheinigt ihm „unheimliches Treiben zwischen Unfug und Welterlösung.“ Er behauptet auch, es habe auf der Erde einen Machtwechsel mit Engeln und Erzengeln gegeben. Menschen sind für ihn Lichtwesen, die nicht dem Tierreich entstammen. Konkrete biologische Erkenntnisse negiert er bewusst, etwa dass der Mensch und die Primaten mehr als 98 % ihres Genoms teilen. Auch seine theologischen Weisheiten sind dubios. In dem präsentierten Buch „Der radikale Mittelweg“ vertritt er eine „mittlere“ Position zwischen der materialistischen Wissenschaft und dem Monotheismus und nennt sie Theismus. Monotheismus meint doch nichts anderes als den Glauben an e i n e n Gott, wie er sich von den Ägyptern über das Judentum, das Christentum und den Islam gegenüber dem poytheistischen Götterhimmel der Griechen und Germanen entwickelt hat, während Theismus den Glauben an einen persönlichen allmächtigen Gott meint. Wissenschaft ist mitteilbare, durch wiederholte Experimente beweisbare Erkenntnis, sie ist quantitativ, messbar, monistisch, kommt ohne Gott aus, Logos. Ihr gegenüber steht die Welt des Mythos. Mythos ist Erzählung, Welterklärung, moralische Orientierung, Deutung; hier geht es um das Qualitative, auch um das Ästhetische, um Empfindungen, um das Subjektive, um die „Seele“, und Gott ist ein Mythem. Diese beiden fundamental verschiedenen „Sprachspiele“ vermischen oder zwischen ihnen mitteln zu wollen, ist weder möglich noch sinnvoll. Risis apodiktische Behauptungen der Willensfreiheit oder des Weiterlebens der Seele nach dem Tod sind und bleiben zumindest umstritten und sind mehr platonisch-christliche Glaubensüberzeugungen als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse. - Fazit: Risi ist kein ernst zu nehmender Philosoph oder Theologe, sondern ein Pseudowissenschaftler, Esoteriker, ein Scharlatan! Seine Schriften sind mehr Dichtung als Wahrheit, teilweise Science Fiction oder schlicht Fantasy. Und was sollte wohl der existenzielle Nährwert seiner Lehren sein?
    sts

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