Nachschau 6.10. 2017: Die Reformation, theologisch und
kulturgeschichtlich Klaus Burghardt
kulturgeschichtlich Klaus Burghardt
Mit seiner Aufwertung der Arbeit habe Luther eine wesentliche Neuerung gegenüber dem mittelalterlichen Menschenbild eingeführt, hieß es zu Beginn der Diskussion. ARBEITEN („... der Mensch ist zur Arbeit geboren ...“) und GEHORCHEN („Seid untertan der Obrigkeit“) - zwei Forderungen, die dem sich entwickelnden Kapitalismus zugutekamen.
Der „Beruf als Gottesdienst“ lasse sich aus der Bibel ableiten, wurde ergänzt - als Dienst am Nächsten: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“
Als entscheidendes Ereignis in Luthers Leben wurde ein starkes Gewitter genannt, in dem er Todesangst verspürt und woraufhin er sein Leben verändert, Theologie statt Jura studiert habe - sehr zum Ärger seines Vaters. Aber eine gewisse Aufsässigkeit gegen das bestehende System, gegen die „Scheinheiligkeit und Verlogenheit“, ziehe sich durch sein ganzes Leben. Er sei Risiken eingegangen, gar für vogelfrei erklärt worden.
Zu dieser „Aufsässigkeit“ passe auch, daß er eine entlaufene Nonne heiratete. Seine Frau Katharina sei ihm eine große Hilfe gewesen, habe sich um die wirtschaftlichen Dinge gekümmert. „Ohne seine Frau wäre er untergegangen.“ Seine Nachkommen gründeten die Lutheriden-Vereinigung.
Luthers Position zu den Bauernkriegen wurde kritisch hinterfragt: Seine zunächst moderate Haltung änderte sich hin zu einer klaren Parteinahme für die Fürsten: „man soll sie [die Bauern] zerschmeißen, würgen, stechen, ... wie man einen tollen Hund erschlagen muss.“ Sein ehemaliger Anhänger Thomas Müntzer* habe sich demgegenüber klar auf die Seite der Bauern geschlagen.
In diesem Zusammenhang wurden der Reformator Jan Hus und die Bundschuh-Bewegung als Wegbereiter genannt.
Kann man den Protestantismus als Vorläufer des Humanismus ansehen? Der Mensch sei für sich selbst verantwortlich, die Ratio werde betont, ... Diese These blieb nicht ohne Widerspruch: Immerhin habe Luther die Vernunft als eine Hure bezeichnet.
Wie lassen sich Luthers Aussagen zu den Juden erklären? Margot Käßmann habe ihn dafür scharf kritisiert. Keine rassistischen, sondern theologische Motive sah ein Teilnehmer: „Luther war ein fanatischer Fundamentalist.“ Er wollte die Juden bekehren. Als das hat nicht klappte, „da war er beleidigt.“
»Der Christ des 21. Jahrhunderts wird Mystiker sein - oder er wird nicht sein.« Die Aussage des katholischen Theologen und Jesuiten Karl Rahner wurde in den Zusammenhang des Mitglieder- und Bedeutungsverlusts der christlichen Kirchen gestellt. Diese Entwicklung werde weiter gehen - es sei denn, das Christentum entdecke die Mystik neu. Anfangs sei das so gewesen: Die ersten Christen seien sogar in den Tod gegangen.
„Sola fide et experientia“ müsse es in Zukunft heißen, allein durch Glauben und Erfahrung. Es gehe um die Christuserfahrung.
Die Sinnhaftigkeit der Beichte für achtjährige Kinder, eine mögliche neue Version des Glaubensbekenntnisses, Unterschiede zwischen den christlichen Religionen (Sakramente, Abendmahl, Glaube, Gnade, ...) waren Stichpunkte, die zwar angesprochen, aber nicht ausführlich behandelt werden konnten. Das Interesse war fraglos vorhanden, allein:
Die Zeit (wir haben nie genug)
Verging auch diesmal wie im Flug.
* Bei unserem nächsten Treffen am 1 0 . N o v e m b e r (nicht am 3.11.!!!) werden wir uns mit Thomas Müntzer beschäftigen.
Der „Beruf als Gottesdienst“ lasse sich aus der Bibel ableiten, wurde ergänzt - als Dienst am Nächsten: „Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“
Als entscheidendes Ereignis in Luthers Leben wurde ein starkes Gewitter genannt, in dem er Todesangst verspürt und woraufhin er sein Leben verändert, Theologie statt Jura studiert habe - sehr zum Ärger seines Vaters. Aber eine gewisse Aufsässigkeit gegen das bestehende System, gegen die „Scheinheiligkeit und Verlogenheit“, ziehe sich durch sein ganzes Leben. Er sei Risiken eingegangen, gar für vogelfrei erklärt worden.
Zu dieser „Aufsässigkeit“ passe auch, daß er eine entlaufene Nonne heiratete. Seine Frau Katharina sei ihm eine große Hilfe gewesen, habe sich um die wirtschaftlichen Dinge gekümmert. „Ohne seine Frau wäre er untergegangen.“ Seine Nachkommen gründeten die Lutheriden-Vereinigung.
Luthers Position zu den Bauernkriegen wurde kritisch hinterfragt: Seine zunächst moderate Haltung änderte sich hin zu einer klaren Parteinahme für die Fürsten: „man soll sie [die Bauern] zerschmeißen, würgen, stechen, ... wie man einen tollen Hund erschlagen muss.“ Sein ehemaliger Anhänger Thomas Müntzer* habe sich demgegenüber klar auf die Seite der Bauern geschlagen.
In diesem Zusammenhang wurden der Reformator Jan Hus und die Bundschuh-Bewegung als Wegbereiter genannt.
Kann man den Protestantismus als Vorläufer des Humanismus ansehen? Der Mensch sei für sich selbst verantwortlich, die Ratio werde betont, ... Diese These blieb nicht ohne Widerspruch: Immerhin habe Luther die Vernunft als eine Hure bezeichnet.
Wie lassen sich Luthers Aussagen zu den Juden erklären? Margot Käßmann habe ihn dafür scharf kritisiert. Keine rassistischen, sondern theologische Motive sah ein Teilnehmer: „Luther war ein fanatischer Fundamentalist.“ Er wollte die Juden bekehren. Als das hat nicht klappte, „da war er beleidigt.“
»Der Christ des 21. Jahrhunderts wird Mystiker sein - oder er wird nicht sein.« Die Aussage des katholischen Theologen und Jesuiten Karl Rahner wurde in den Zusammenhang des Mitglieder- und Bedeutungsverlusts der christlichen Kirchen gestellt. Diese Entwicklung werde weiter gehen - es sei denn, das Christentum entdecke die Mystik neu. Anfangs sei das so gewesen: Die ersten Christen seien sogar in den Tod gegangen.
„Sola fide et experientia“ müsse es in Zukunft heißen, allein durch Glauben und Erfahrung. Es gehe um die Christuserfahrung.
Die Sinnhaftigkeit der Beichte für achtjährige Kinder, eine mögliche neue Version des Glaubensbekenntnisses, Unterschiede zwischen den christlichen Religionen (Sakramente, Abendmahl, Glaube, Gnade, ...) waren Stichpunkte, die zwar angesprochen, aber nicht ausführlich behandelt werden konnten. Das Interesse war fraglos vorhanden, allein:
Die Zeit (wir haben nie genug)
Verging auch diesmal wie im Flug.
* Bei unserem nächsten Treffen am 1 0 . N o v e m b e r (nicht am 3.11.!!!) werden wir uns mit Thomas Müntzer beschäftigen.
Vorschau 10.11.2017: Thomas Müntzer und das innere Wort
in Anlehnung an Wikipedia Thomas
Müntzer (auch Münzer;
* um 1489 in Stolberg, Grafschaft Stolberg; † 27. Mai 1525 bei Mühlhausen, Freie Reichsstadt) war ein Theologe, Reformator und Revolutionär in der Zeit des Bauernkrieges.
Müntzer war
als Priester zunächst ein engagierter Anhänger
und Bewunderer Martin Luthers. Allerdings richtete sich sein
Widerstand nicht nur gegen die vom Papsttum beherrschte
geistliche Obrigkeit, sondern auch gegen die ständisch geprägte weltliche
Ordnung. Wegen Müntzers radikaler sozialrevolutionärer Bestrebungen und seiner spirituellen Theologie, die sich in vielen
kämpferischen Texten und Predigten niederschlugen, distanzierte sich Luther zu
Beginn des Bauernkrieges von ihm.
Im Gegensatz
zu Luther stand Müntzer für die gewaltsame Befreiung der Bauern und betätigte
sich in Mühlhausen/Thüringen, wo er Pfarrer in der Marienkirche war, als Agitator und Förderer der
Aufstände. Dort versuchte er, seine Vorstellungen einer gerechten
Gesellschaftsordnung umzusetzen: Privilegien wurden aufgehoben, Klöster
aufgelöst, Räume für Obdachlose geschaffen, eine Armenspeisung eingerichtet.
Schließlich scheiterten seine Bestrebungen als Bauernführer, verschiedene
Thüringer Freibauern zu vereinigen, an der Strategie des Adels. Nach der Schlacht bei
Frankenhausen wurde er im
Mai 1525 gefangen genommen und hingerichtet.
Glaubensbegriff
Müntzers Theologie vereinigt auf mystischem Boden spirituelle und sozialrevolutionäre Elemente zu einer Einheit.Glauben bedeutet nach Müntzer ein von Gott ausgelöstes Geschehen im Abgrund der Seele; es ist „die wirkung des worts, das Gott in die selen redet“, des inneren Wortes. Ob solcher Glaube entsteht, liegt allein an Gott, dessen Geist weht, wo er will (Joh 3,6 LUT). Erste Wirkung des Wortes Gottes in den Seelen der Menschen ist die Gottesfurcht, die dem Heiligen Geist eine Wohnstatt gibt und alles aus dem Weg räumt, was sich dem weiteren Wirken Gottes widersetzt. Dazu gehören insbesondere der Eigennutz und die Menschenfurcht. Die Seele, die Gott erleben will, „musz zuvor gefegt sein vom gethön der sorgen und luste“. In diesem Zusammenhang gebraucht Müntzer gerne die mystischen Termini Langweyl und Gelassenheit, um damit den Zustand der leeren Seele zu beschreiben. Der in diesem Sinne „langweilige“ (langmütige) und „gelassene“ Mensch erlebt in seiner Tiefe das Wirken Gottes und – unter Schmerzen – die Geburt des echten Glaubens, der das Leiden nicht mehr scheut und gleichsam fröhlich ist. Im echten Glauben besteht Konformität zwischen dem menschlichen Willen und dem des gekreuzigten Christus. Allein solche Konformität führt zur Gewissheit des Glaubens.
Bibelverständnis
Die Bibel legt primär Zeugnis ab
von den Erfahrungen, die erleuchtete seelen im Umgang mit dem lebendigen
Gott gewonnen haben. Sie ist Einladung, für ähnliche Erfahrungen offen zu
werden, und gleichzeitig Maßstab, an der eigene Erfahrungen zu messen sind. Die
Bibel ist nur das verbum externum (äußere Wort), das das verbum
internum (inneres Wort) braucht, um im Menschen anzukommen. Das verbum
internum bedarf jedoch nicht unbedingt des äußeren Wortes der Bibel, um
Glauben zu erzeugen. Belege dafür sind nach Müntzer viele Menschen der Bibel,
die auch kein verbum externum hatten, als sie gläubig wurden. Vor allem
an dieser Stelle erfolgte der Bruch mit Luther.
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