Montag, 20. Juni 2016





Nachlese 3.6.2016                                      Klaus Burghardt 
In unserer letzten Philrunde ging es u.a. um die unterschiedliche Funktion von Verstand und Vernunft. Hierzu ein Beitrag von Klaus in Versform.

Verstand & Raketen vs. Vernunft

Die Reise in den Weltenraum
Galt stets als großer Menschheitstraum,
Wofür man - ohne viel Protest -
Manch armes Kind verhungrn lässt.

Doch hat der Fortschritt, wie man weiß,
Ganz ohne Frage seinen Preis.
Hier möchte man vor Schreck erbleichen:
Des Fortschritts Preis sind Kinderleichen!

Vernunft! Wie kannst Du dazu schweigen?
Du musst ihm seine Grenzen zeigen!
Lass den Verstand nicht einfach walten,
Du solltest ihn im Griff behalten!
Was hier mit dem Verstand passiert,
Ist, dass er die Vernunft verliert!

Nun hat auch fraglos der Verstand
Manch gutes Argument zu Hand:
Denn was im Sputnik helfen mag,
Das hilft auch alltags durch den Tag.

Gar viele sehen wohl zudem
Auch in der Zukunft ein Problem.
Die kann - lässt sich das Blatt nicht wenden,
Nur in Katastrophen enden.

Dann hat der Mensch ganz routiniert
Die Erde gründlich ruiniert.
Und hofft, so möchte es mich deuchen,
Flugs in den Weltraum zu entfleuchen....

... Wo manch Planet sich wohl verstecke,
Auf dass der Mensch ihn nicht entdecke...
Für den, der da im Raumschiff wohnt,
hat sich die Raumfahrt echt gelohnt!

Doch sollt´er besser ohne Klagen
Die Folgen seines Handelns tragen.
Er könnte sich vielleicht besinnen
Und noch mal ganz von vorn beginnen.

Als erstes wäre zu entscheiden,
Dass Kinder nicht mehr Hunger leiden.
Dies gelte als Vernunftprinzip:
Die Ethik lenkt den Forschungstrieb.

...

Und was ist mit den Satelliten,
Die dort um Straterlaubnis bitten?
Lässt die Vernunft sie ewig warten?
Erlaubt sie ihnen gar zu starten?
...
...
...
Sie stellt vielleicht auch mir die Frage,
Was ich als Leser dazu sage? ... 

Wer die Anmerkungen zum Gedicht lesen will:
http://diverseverse.jimdo.com/philosophisches/verstand-raketen-vs-vernunft/
  
Vorschau 1.7.2016:     Intuition                         Christian Brehmer

Nachdem wir uns in der letzten Runde mit Verstand, Vernunft und Glauben auseinandergesetzt haben, geht es diesmal um die Intuition. Alles sind Aspekte der Erkenntnis und der Orientierung. Denn gemäß unserer Erkenntnis handeln wir; gemäß unserer Handlung haben wir Erfolg oder Misserfolg, und demgemäß sind wir glücklich oder unglücklich.
   Die Intuition ist eine unmittelbare, nicht-lineare, also nicht Schritt für Schritt voranschreitende, sondern „wie aus heiterem Himmel“ kommende Erkenntnis, eine Eingebung. Wenn wir zum Beispiel nach einer langen Grübelei locker lassen und uns dann plötzlich aufgeht: Ja, so ist es! Jetzt habe ich es „intus“ – eine Intuition! Alles schlussfolgernde Denken, wird vom Bewusstsein getragen und im suchenden Schwebezustand stellt sich die Lösung ein – eine Eingebung. So gründet bei näherer Betrachtung alle Erkenntnis im Intuitiven, obwohl man das keinem überzeugten Rationalisten sagen darf. Denn für ihn ist die Intuition suspekt. Doch selbst der Begründer des Rationalismus, René Descartes, war da anderer Meinung: „Unter Intuition verstehe ich nicht das schwankende Zeugnis der Sinne, sondern ein Begreifen, wie es ein klarer und aufmerksamer Geist gibt – so direkt und eindeutig, dass wir von jedem Zweifel an dem, was wir da verstehen, befreit sind.“
   Das Bauchgefühl gibt uns einen Riecher für einen bestimmten Sachverhalt oder eine Entscheidung. Es ist ein guter Indikator, wird aber häufig vom Verstand überlagert, und dann sind wir unserer Sache nicht mehr sicher. Kreative Intuitionen hingegen, die so genannten „Aha-Erlebnisse“, können sich nach einer Phase der „Inkubation“ einstellen. Den meisten großen Entdeckungen und Erfindungen ist ein solcher suchender Schwebezustand vorausgegangen. Große Genies sagen, dass sie nicht selbst die Schaffenden seien, sondern eine „höheren Macht“ sich ihrer als Werkzeug bediene. Einstein zum Beispiel reiste unerwartet in Gedanken auf einem Lichtstrahl, bevor er die Relativitätstheorie formulierte. Er sagte: „Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“
    Unsere Gesellschaft ist auf Logik und Rationalität fixiert und hat unsere Gabe zur Intuition verkümmern lassen. Aber wir können sie wecken, in dem für eine Zeit unsere Gedanken zurücklassen, uns entspannen und stille werden – die Meditation. Sie vermag uns mit der Quelle der Kreativität zu verbinden, dem Logos, der Sophia oder dem Vereinheitlichten Feld, wie es die Quantenphysiker nennen. Wir sind alle potenzielle Genies, haben uns aber mit unserer spießigen Mittelmäßigkeit abgefunden. 


                                  

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