Sonntag, 22. Juni 2014

Nachlese 6.6.2014                                             Christian Brehmer   
 
Traditionsgemäß erfolgte der Einstieg unserer gutbesetzten Runde mit einer Entspannungsreise in die STILLE. Für die Tiefenphilosophie ist die Erfahrung der transzendentalen Stille die Erfahrung der SOPHIA, der weiblichen Variante des LOGOS, aus der die ganze Schöpfung hervorgegangen ist. Die Erfahrung – wenn wir uns dafür öffnen – ist das eine. Die denkerische Durchdringung der Schöpfung in ihrer Vielfalt und Komplexität ist das andere. Sie müsste,  in der letzten Konsequenz, in die SOPHIA einmünden. So wäre eine Tiefenphilosophie, die Erfahrung und Denken  einbezieht, eine  Variante der Re – ligio, der Rückbindung an den Ursprung.       
   Im gängigen Verständnis sind Religionen sinn- orientierungsstiftende Überzeugungen. Das Thema unserer letzten Runde hieß „Religionen – ihre hellen und dunklen Seiten“. Jürgen Staas vermittelte den Einstieg in die Diskussion mit seiner kompakten Vorschau (s. Blog ) und mit  seinen scharfsinnigen Kommentaren:  Skeptiker regen zu kritischem Denken an und sie bekämpfen sich nicht, weil es, ihrer Meinung nach, keine absolute Wahrheit gibt. „Es ist nicht der Zweifel, der die Menschen verrückt macht, sondern die Gewissheit“, so Nietzsche. Die „vermeintliche“ Gewissheit müsste man ergänzen. Denn eine authentische Gewissheit, wie sie z.B.  Meister Eckhart verkörpert hat, ist ein Segen für die Menschheit. Das ging klar aus unseren Treffen vom 4.4. und 2.5. hervor.    
   Die vermeintliche Gewissheit kann zu Fanatismus bis hin zur Gewaltbereitschaft führen.  Das gab es im christlichen Mittelalter, das gibt es heute bei islamistischen „Gotteskriegern“.  Unser Referent unterschied zwischen aufgeklärter und unaufgeklärter Religion. Jedoch: Das aufgeklärte Christentum vertritt atomare Aufrüstung als abschreckendes Übel. Ein ehemaliger Pastor, z.Zt. Bundespräsident,  plädiert für gewaltsame Friedenssicherung, falls erforderlich.   „Liebet Eure Feinde“, heißt es  jedoch in der Bibel.
Offensichtlich greift auch die aufgeklärte Religion  zu kurz. Denn mit ihr ist die Essenz der Religion, die Mystik, verloren gegangen. Sie ist der gemeinsame Grund  aller Religionen, und nur von hier aus  kann man seine Feinde wirklich lieben. Ein Teilnehmer sah in der Natur, in der Schönheit der Schöpfung an der wir alle Anteil haben das Gemeinsame, das alle Menschen eint und plädierte für ein  Denken aus dem Ursprünglichen.
   Der Ansatz von einem neuen Denken wurde auch vermisst, so hörten wir, bei Besuchen in Bielefelder Fachbuchläden, politisch oder esoterisch ausgerichtet. Vor Jahren wie heute die gleiche Literatur nur in anderer Aufmachung: „Die Denksysteme rotieren in sich selbst“. Zurück zur Einfachheit lautete das Fazit. Nur, wie sieht sie aus, diese Einfachheit,  die das wirklich Neue in sich trägt???
Wir hörten von einem Beispiel des Abgebens an die Einfachheit in einer Notlage: Nach dem Kauf eines Anwesens sah es bedrohlich aus. Nachdem alle Ressourcen ausgereizt waren, konnte man nichts anderes als Loslassen und Abgeben, Abgeben an eine höhere Instanz. Und siehe da, es taten sich unerwartete Lösungen auf. 
   Abgeben, aller Gedanken ledig werden,  eintreten in die Abgeschiedenheit, in die Einfachheit – das erinnert an Meister Eckhart.
     
  

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