Nachtrag von Dieter Pentzek zum Referat vom 4.10.13
Noch
einmal zu Kunst als Weg
Dass Kunst nicht nur ein Weg für Künstler ist, wird besonders
an der Arbeit von Joseph Beuys deutlich. Er nannte sie Soziale Plastik oder – wie in seinem Vortrag 1977 zur
documenta 6 in Kassel – auch Eintritt in ein Lebewesen.
Damit meinte er das Lebende auf der Erde insgesamt, in das
wir Menschen ganz b e w u s s t eintreten sollten. Nach Beuys verlangt dieses
Bewusstsein in unserer Zeit aber eine Erneuerung des Denkens. Er stellte fest, dass
unser gegenwärtiges Denken ein „unerbittlicher Rationalismus“ ist, ein Denken
zugunsten von Wissenschaft, Geld und Eigentum – und das zuungunsten der Natur.
Gegen diese Situation, die immer wieder auch zuungunsten für
uns Menschen ausgeht, gab er bereits 1965 in der Galerie Schmela in Düsseldorf
das ästhetische Gleichnis wie man einem toten Hasen die Bilder erklärt. Das zu bedauernde Tot-Sein des Hasen stand –
wie Beuys später kommentierte – für den Tod eines Denkens, das ursprünglich
nicht nur Gegenständliches, sondern auch eine
mystische Erlebnissphäre umkreiste.
Deshalb sprach Beuys dem Hasen mit einer Maske aus Honig und
Gold ins Ohr – also mit Naturdingen, die früher eine rituelle Bedeutung für das
Leben hatten. Das hieße für einen durch Kunst inspirierten Weg, unser Leben nicht weiter aus der Kälte einer
Gelddruckmaschine zu bestimmen, sondern aus der „Wärme“ einer Bewunderung des
Lebewesens Erde, weil – wie Beuys sagt – auch „Liebeskräfte in uns leben“.
Dass ein Denken wie die Bilder der Kunst zu einem
Allgemeingut wird, war die Hoffnung von Beuys. „Jeder Mensch ist ein Künstler“,
sagte er. Die Erfüllung seiner Hoffnung wäre wirklich unsere Renaissance – der
„Eintritt“ in eine neue, glücklichere Phase der Selbsterkenntnis und eines
menschenwürdigen Handelns.
Melle, 5.11.2013
Nachlese 1.11. 2013
Christian Brehmer
Was ist ein Mythos? Dieser Frage sind wir zu
Allerheiligen nachgegangen. Den Rahmen dazu hat uns das Impulsreferat von
Jürgen Staas gegeben (s. Vorschau vom 20.10.)
Dabei hat uns das Paper, das wir ausgehändigt bekommen haben, einen
knappen Abriss des Buches von Karen Armstrong vermittelt: „Eine kurze
Geschichte des Mythos“ (dtv 2007) Dieses Paper können wir uns auch nachreichen
lassen oder kopieren.
Da heißt es auf die Frage:
Was ist ein Mythos?
„Menschen schufen Mythen als
Erzählungen, als Deutungen der Welt, als eine frühe Form der Psychologie. Das
Bewusstsein der Sterblichkeit erzeugt Angst vor Auslöschung. Opferritus und
Grabbeigaben deuten auf eine jenseitige Welt. Der Mythos gibt Orientierung und
Sinn. Er ist beständig und wenig wandelbar.“
Das greift natürlich etwas
zu kurz. Den mythischen Vorstellungen liegen nach C.G. Jung Archetypen, Urbilder
des kollektiven Unbewussten zugrunde. Letztere sind Strukturprinzipien der Menschheit, so wie Naturgesetze
Strukturprinzipien der Materie sind. Sie werden von Menschen, von den „Sehern“
in einem erweiterten Bewusstseinszustand
als solche wahrgenommen. Und es sind
diese Strukturprinzipien, die den Mythos
„beständig und wenig wandelbar“ machen. Sie
wirken als kreative Impulse und werden
oft in Göttern personifiziert. Um diese rankt sich dann volkstümlich ein
sagenhaftes Geschehen, die Mythen…
Genauso wie das Gottesbild
(vgl. GOTT 9.0) im Verlauf der Geschichte sich geändert hat, so hat sich auch
die Rezeption des Mythos gewandelt. Das sagenhafte Geschehen tritt zurück, die
Wirkkraft bleibt aber trotz „Entmythologisierung“. So erfährt z.B. der Schamanismus gegenwärtig eine
Renaissance in der modernen Tiefenökologie.
Vorschau 6.12. 2013 Christian Brehmer
Diesmal, darauf hatten wir
uns geeinigt, geht es um die Mystik. Wir müssen uns zunächst fragen, was der
Unterschied ist zwischen Mystik und Mythos.
Mystik hat nichts mit Mystizismus
zu tun, der sich mit Wunder, Heilungen oder Visionen beschäftigt. Mystik (griech. myein = Augen schließen) ist
vielmehr ein innerer Erkenntnisweg, der letztlich in eine klare innere Evidenz
einmündet. Letztere übersteigt nach Ken Wilber an Gültigkeit die
sinnlich-empirische Evidenz. Gandhi hat sich an ihr orientiert, Nelson Mandela hat
sich an ihr orientiert. Vorbilder für eine künftige Politik, ohne die es kein Überleben geben wird für die Menschheit und für unseren gequälten Planeten. In der Mystik konvergieren alle Religionen und
Tiefenphilosophien. Es ist der Weg zur Einheit und dem Miteinander. Auch das Christentum
hat außer dem feiernden und dem dienenden Aspekt einen mystischen. Nur ist er weitgehend
verschüttet und sogar unterdrückt worden. Warum wohl müssen wir uns fragen?
Fragen müssen wir uns auch,
ob Menschen psychisch krank werden können,
wenn ihnen der Zugang zu ihrem
inneren Potenzial verschlossen bleibt.
Fragen müssen wir uns
weiter, ob Mystik ein Weg ist zur kommenden Bewusstseinsstufe der Menschheit
und ob sie ein Ausweg ist aus der gegenwärtigen Schieflage der Zivilisation.
Ferner müssen wir uns
fragen, was Joseph Beuys mit der Aussage gemeint hat: „Das Mysterium spielt am
Hauptbahnhof.“ (Vgl. obigen Text von
Dieter)
Schließlich müssen wir uns auch
fragen, ob ein Zusammenhang besteht zwischen unserer Annäherung an die Sophia
durch die Entspannungsreise zu Beginn unserer Philo-Sophia-Runde und der
Mystik.
Leute, es wird spannend...
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