Donnerstag, 21. November 2013



Nachtrag von Dieter Pentzek zum Referat vom 4.10.13

Noch einmal zu Kunst als Weg

        Dass Kunst nicht nur ein Weg für Künstler ist, wird besonders an der Arbeit von Joseph Beuys deutlich. Er nannte sie  Soziale Plastik  oder – wie in seinem Vortrag 1977 zur documenta 6 in Kassel – auch  Eintritt in ein Lebewesen.
        Damit meinte er das Lebende auf der Erde insgesamt, in das wir Menschen ganz  b e w u s s t  eintreten sollten. Nach Beuys verlangt dieses Bewusstsein in unserer Zeit aber eine  Erneuerung des Denkens. Er stellte fest, dass unser gegenwärtiges Denken ein „unerbittlicher Rationalismus“ ist, ein Denken zugunsten von Wissenschaft, Geld und Eigentum – und das zuungunsten der Natur.
        Gegen diese Situation, die immer wieder auch zuungunsten für uns Menschen ausgeht, gab er bereits 1965 in der Galerie Schmela in Düsseldorf das ästhetische Gleichnis  wie man einem toten Hasen die Bilder erklärt.  Das zu bedauernde Tot-Sein des Hasen stand – wie Beuys später kommentierte – für den Tod eines Denkens, das ursprünglich nicht nur Gegenständliches, sondern auch eine  mystische  Erlebnissphäre umkreiste.
        Deshalb sprach Beuys dem Hasen mit einer Maske aus Honig und Gold ins Ohr – also mit Naturdingen, die früher eine rituelle Bedeutung für das Leben hatten. Das hieße für einen durch Kunst inspirierten  Weg,  unser Leben nicht weiter aus der Kälte einer Gelddruckmaschine zu bestimmen, sondern aus der „Wärme“ einer Bewunderung des Lebewesens Erde, weil – wie Beuys sagt – auch „Liebeskräfte in uns leben“.
        Dass ein Denken wie die Bilder der Kunst zu einem Allgemeingut wird, war die Hoffnung von Beuys. „Jeder Mensch ist ein Künstler“, sagte er. Die Erfüllung seiner Hoffnung wäre wirklich unsere Renaissance – der „Eintritt“ in eine neue, glücklichere Phase der Selbsterkenntnis und eines menschenwürdigen Handelns.
                                                                                       Melle, 5.11.2013

Nachlese 1.11. 2013                                                  Christian Brehmer

Was ist ein Mythos? Dieser Frage sind wir zu Allerheiligen nachgegangen. Den Rahmen dazu hat uns das Impulsreferat von Jürgen Staas gegeben (s. Vorschau vom 20.10.)  Dabei hat uns das Paper, das wir ausgehändigt bekommen haben, einen knappen Abriss des Buches von Karen Armstrong vermittelt: „Eine kurze Geschichte des Mythos“ (dtv 2007) Dieses Paper können wir uns auch nachreichen lassen oder kopieren.
Da heißt es auf die Frage: Was ist ein Mythos?     
„Menschen schufen Mythen als Erzählungen, als Deutungen der Welt, als eine frühe Form der Psychologie. Das Bewusstsein der Sterblichkeit erzeugt Angst vor Auslöschung. Opferritus und Grabbeigaben deuten auf eine jenseitige Welt. Der Mythos gibt Orientierung und Sinn. Er ist beständig und wenig wandelbar.“

Das greift natürlich etwas zu kurz. Den mythischen Vorstellungen liegen nach C.G. Jung Archetypen, Urbilder des kollektiven Unbewussten zugrunde. Letztere sind Strukturprinzipien der Menschheit, so wie Naturgesetze Strukturprinzipien der Materie sind. Sie werden von Menschen, von den „Sehern“ in  einem erweiterten Bewusstseinszustand als solche wahrgenommen.  Und es sind diese Strukturprinzipien, die  den Mythos „beständig und wenig wandelbar“ machen.  Sie wirken als  kreative Impulse und werden oft in Göttern personifiziert. Um diese rankt sich dann volkstümlich ein sagenhaftes Geschehen, die Mythen… 

Genauso wie das Gottesbild (vgl. GOTT 9.0) im Verlauf der Geschichte sich geändert hat, so hat sich auch die Rezeption des Mythos gewandelt. Das sagenhafte Geschehen tritt zurück, die Wirkkraft bleibt aber trotz „Entmythologisierung“. So erfährt  z.B. der Schamanismus gegenwärtig eine Renaissance in der modernen Tiefenökologie.

Vorschau  6.12. 2013                                                  Christian Brehmer

Diesmal, darauf hatten wir uns geeinigt, geht es um die Mystik. Wir müssen uns zunächst fragen, was der Unterschied ist zwischen Mystik und Mythos.

Mystik hat nichts mit Mystizismus zu tun, der sich mit Wunder, Heilungen oder Visionen beschäftigt.  Mystik (griech. myein = Augen schließen) ist vielmehr ein innerer Erkenntnisweg, der letztlich in eine klare innere Evidenz einmündet. Letztere übersteigt nach Ken Wilber an Gültigkeit die sinnlich-empirische Evidenz. Gandhi hat sich an ihr orientiert, Nelson Mandela hat sich an ihr orientiert. Vorbilder für eine künftige Politik, ohne die es kein Überleben geben wird für die Menschheit und für unseren gequälten Planeten. In der Mystik konvergieren alle Religionen und Tiefenphilosophien. Es ist der Weg zur Einheit und dem Miteinander. Auch das Christentum hat außer dem feiernden und dem dienenden  Aspekt einen mystischen. Nur ist er weitgehend verschüttet und sogar unterdrückt worden. Warum wohl müssen wir uns fragen?

Fragen müssen wir uns auch, ob Menschen psychisch krank werden können,  wenn ihnen der Zugang  zu ihrem inneren Potenzial verschlossen bleibt.
Fragen müssen wir uns weiter, ob Mystik ein Weg ist zur kommenden Bewusstseinsstufe der Menschheit und ob sie ein Ausweg ist aus der gegenwärtigen Schieflage der Zivilisation.
Ferner müssen wir uns fragen, was Joseph Beuys mit der Aussage gemeint hat: „Das Mysterium spielt am Hauptbahnhof.“  (Vgl. obigen Text von Dieter)
Schließlich müssen wir uns auch fragen, ob ein Zusammenhang besteht zwischen unserer Annäherung an die Sophia durch die Entspannungsreise zu Beginn unserer Philo-Sophia-Runde und der Mystik.
Leute, es wird spannend...


 
   
     
                      

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